KonfBD 20 - Montag Stiftung mit Beiträgen zu Pädagogik, Schulbau und Digitalem
Digitale Jahresveranstaltung des Forum Bildung Digitalisierung e.V.
Unter dem Motto Fast Forward – Schulentwicklung digital diskutierten vom 19.-20. November 2020 rund 1.500 Beteiligt in 69 Beiträgen über Visionen für die Schule der Zukunft. In vielfältigen Formaten wurden innovative Ansätze aus Theorie und Praxis für eine zukunftsgerichtete Lernkultur einer Gesellschaft im digitalen Wandel debattiert.
Die vom Forum Bildung Digitalisierung veranstaltete Konferenz fand in diesem Jahr das fünfte Mal statt und aus gegebenen Anlass digital. Die jährlich stattfindende Konferenz ist zentrale Plattform für Expertinnen und Experten aus Bildungspraxis, Bildungspolitik und -verwaltung, Zivilgesellschaft und Forschung, um über die Veränderungen des Bildungssystems unter den Bedingungen der Digitalität zu diskutieren. Besonderer Wert liegt auf dem Austausch zwischen unterschiedlichen Perspektiven Akteurinnen und Akteuren in und um Schule, die diesmal in Form von vielfältigen Online-Formaten – von Keynotes, Round-Tables, über Sessions und Workshops bis hin zu Live-Podcasts – ermöglicht wurden. So bietet die Konferenz die Möglichkeit, sich gegenseitig zu inspirieren, Ideen und Erfahrungen zu teilen und Netzwerke zu knüpfen, die sich auf dem Weg in den digitalen Wandel gegenseitig unterstützen und eine Vision von guter Bildung in der digitalen Welt verwirklichen.
Die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft war vertreten durch eine interdisziplinäre Keynote und einen Workshop zum Projekt „lernlog – Digitaler Lernbegleiter“.
Mit ihrer Livestream-Keynote „Architektur und Pädagogik – eine Beziehungskiste“ beleuchteten die Vorständinnen Dr. Meike Kricke und Barbara Pampe die Wechselbeziehung von Pädagogik und Architektur: „Gute Schule ergibt sich aus dem Zusammenwirken von Raum und Pädagogik – von hardware und software. Pädagogische Konzepte, die Werte des 21. Jahrhunderts fördern und leistungsfähige Schulbauten, die nachhaltig auf Veränderungen und Anforderungen reagieren können, bedingen sich gegenseitig.“ Um diese Verbindung zwischen Raum und Pädagogik zu verdeutlichen, lenkten sie zunächst den Blick auf die Vergangenheit, und zeigten die Passung zwischen einer Klassenraum-Flur-Schule und einem „one size fits all“ Lernverständnis. Deutlich gemacht wurde, wie ein linear und statisch ausgerichteter Klassenraum, der auf einen Unterricht im 45-Minuten-Takt und auf Wissensvermittlung ausgerichtet war, beispielsweise die optimale Beleuchtung zum Schreiben und Lesen bot. Für eine zukunftsgerichtete Pädagogik und Didaktik skizzierte Meike Kricke, „dass Inklusion, Ganztag, Nachhaltigkeit und Digitalisierung keine additiven Einzelthemen darstellen, sondern ein verändertes Gesamtgefüge – ein transformiertes Verständnis von Lernen. Wir sprechen von inklusiver ganztägiger Bildung in diesem Zusammenhang. Die Choreographie des Lernens verändert sich dabei maßgeblich. Im Mittelpunkt steht heute die Förderung von Handlungs- und Gestaltungskompetenz für das 21. Jahrhundert.“ Anhand von drei Elementen – multiprofessionelle Teams, Phänomene der Welt und individuelle Lernzugänge zeigte Barbara Pampe auf, wie „diese veränderte Sprache des Lernens“ sich räumlich abbildet.
„Zukunftsweisende pädagogische Maßstäbe bringen neue räumliche und bauliche Anforderungen mit sich“, so Barbara Pampe. Diese würden bisher viel zu wenig berücksichtigt und diskutiert. Leider habe der Schulbau in Deutschland diese Entwicklungen verschlafen, vielmehr herrsche seit Jahrzenten nicht nur ein Sanierungs-und Investitionsstau, sondern auch ein Innovationsstau. Selbst neue Schulgebäude würden baulich oft nach alten Raumprogrammen umgesetzt. „Es braucht Raumprogramme, die neben der Heterogenität von Lernenden, vielfältige analoge und digitale Lernsettings berücksichtigen, auf die Unterschiedlichkeit der Standorte eingehen und gleichzeitig eine hohe räumliche Anpassbarkeit für zukünftige pädagogisch-konzeptionelle Entwicklungen zulassen“, führte die Architektin Pampe weiter aus. „Wir müssen jetzt überlegen, wie unsere Schulen in 20 Jahren aussehen sollen.“ Dabei müssen beteiligte Akteure, Planungsprozesse und -inhalte auf die Veränderungen reagieren. Nötig sei ein gemeinsamer Gestaltungs- und Kollaborationswillen sowie ein Bewusstseins- und Haltungswandel bei allen Beteiligten: den kommunalen Verwaltungen, den Pädagoginnen und Pädagogen, den Architektinnen und Architekten sowie den Planerinnen und Planern. „Wir sehen in unseren eigenen Projekten immer wieder, dass nur im Zusammenwirken der Akteure Raum und Pädagogik optimal zusammengedacht und zukunftsfähige Lernsettings, in dessen Mittelpunkt die Lernenden stehen, befördert werden können.“
Im Resümee wurde deutlich, dass sich nicht nur Schule pädagogisch-didaktisch „fast forward“ entwickeln muss, sondern auch der Schulbau.
Präsentation lernlog
In ihrem digitalen Workshop gaben Katja Anokhina und Bianca Bennemann (Team Bildung im digitalen Wandel) rund 45 Teilnehmenden einen Einblick in das Projekt lernlog – Digitaler Lernbegleiter. Mit dabei waren auch Vertreterinnen und Vertreter von zwei projektbeteiligten Schulen: Ira Lenke von der Heliosschule Köln und Elmar Welter sowie Mevlüt Tahta von der Gesamtschule Jüchen. Gemeinsam gingen sie der Frage nach: Wie können offene und selbstorganisierte Lernsettings digital geplant, begleitet, dokumentiert und gestaltet werden? Die zwei am Projekt beteiligten Schulen berichteten in einem Dialoggespräch über ihre pädagogische Vision, ihre Konzepte und Arbeitsweisen sowie ihre Motivation an dem Software- und Schulentwicklungsprojekt der Stiftung teilzunehmen. Abschließend konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Einblick in die aktuelle Version lernlog beta 0.2 bekommen.
Die Idee eines digitalen Lernbegleiters basiert auf einer Lernkultur, die das Lernen als einen selbstgesteuerten, sozialen und emotionalen Prozess versteht. Mit derzeit fünf Schulen entwickelt die Stiftung gemeinsam mit der Software-Agentur onto digital GmbH ein digitales Logbuch. Das Navigations- und Organisationstool unterstützt und begleitet Lernende, Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter in offenen Lernsettings wie Lernzeiten, Lernbüros, Projekt- und Werkstattlernen. Die Betaversion wurde nach den Sommerferien an vier Entwicklerschulen eingeführt und wird derzeit getestet.
Elmar Welter, stellvertretender Schulleiter der Gesamtschule Jüchen ist vom Projekt überzeugt: „lernlog bietet uns genau das, was andere Tools und Lernmanagementsysteme nicht abbilden: die Selbstorganisation der Schülerinnen und Schüler. Wir schätzen vor allem, die Flexibilität des Tools, es lässt sich für uns gut in unsere bewährten pädagogischen Konzepte einpassen.“ Auch Ira Lenke, didaktische Koordinatorin der Heliosschule berichtet, „die WebApp hilft unserem Kollegium kollaborativ Lernpläne und Aufgaben zu erstellen, unsere Lernzeiten besser zu organisieren und einen schnelleren Überblick über Unterstützungsbedarfe und den jeweiligen Lernstand zu bekommen.“ Einig sind sich Praktikerinnen und Praktiker beider Schulen, dass die Einführung digitaler Tools immer auch mit schulinternen Reflexions-, Unterrichts- und Schulentwicklungsprozessen einhergehen sollte. Aus ihrer Sicht sollten dabei u.a. folgende Fragen diskutiert werden: Wie wollen wir Lernen in der Verbindung von analog und digital gestalten? Wie wollen wir zusammenarbeiten und welche Rollen haben Schülerinnen und Schüler sowie Pädagoginnen und Pädagogen im Lernprozess? Auch im Rahmen der Entwicklungsworkshops mit den Kindern, Jugendlichen und ausgewählten Lehrkräften der Schulen werden zentrale pädagogische Fragen zur Selbstorganisation der Schülerinnen und Schüler, Feedback, Kompetenzrastern etc. mit Blick auf die Funktionalitäten gemeinsam diskutiert und erarbeitet. Ziel der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft ist es: „den Schulen mit lernlog ein pädagogisch gut durchdachtes digitales Tool an die Hand zu geben und damit die Idee des selbstorganisierten Lernens in der digitalen Welt zu stärken“, so Katja Anokhina.
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