Open Embassy for Democracy
„Verfallene Immobilien an kulturell und topografisch verwurzelten Orten übernehmen, instand setzen und so betreiben, dass aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft abgeleitete kulturelle Bedarfe in einer relevanten, attraktiven Programmatik realisiert werden.“
Montag Stiftungen
Ein neues Projekt mit Pilotcharakter
Im Sinne des Leitmotivs „Handeln und Gestalten in sozialer Verantwortung“ arbeiten die vier Montag Stiftungen jeweils operativ eigenständig und projektbezogen in unterschiedlichen Handlungsfeldern. Es geht um chancengerechte und gemeinwohlorientierte Stadtteilentwicklung, um Demokratieförderung, bürgerschaftliches Engagement, Teilhabe in der Kunst und um Pädagogische Architektur und Bildung im digitalen Wandel. Mit ihren Projekten stoßen die Montag Stiftungen gesellschaftliche Diskurse an, leisten einen Beitrag zum Gemeinwohl und ermöglichen gesellschaftliche Teilhabe.
Die Open Embassy for Democracy, die im Gebäude und auf dem Gelände des ehemaligen American Embassy Clubs am Plittersdorfer Rheinufer entstehen wird, soll im Sinne dieses Ansatzes ein Prototyp dafür sein, wie sich aus einer zivilgesellschaftlichen Initiative und deren Realisierung lebendige Orte für die Vitalisierung der Demokratie entwickeln lassen. Zu diesem Zweck soll die Embassy auch Teil des bereits bestehenden Netzwerks „Orte der Demokratiegeschichte“ werden, um sich mit vielen Orten der Demokratie in Deutschland, in Europa, in der Welt zu verbinden.
Ein Film von Kai von Westerman
Demokratie unter Druck – Von der Bedrohung zu einer neuen Stabilität
Angesichts der aktuellen Weltlage stehen sowohl das politische/gesellschaftliche Konzept „Demokratie“ sowie viele demokratisch verfasste Staaten enorm unter Druck. In der Open Embassy for Democracy werden ganz unterschiedliche Menschen zusammenkommen, um sich über diese Gefahrenlage klar zu werden, um Informationen über den Wert der Demokratie aufzunehmen und Bedingungen zum Gelingen und Scheitern demokratischer Prozesse kennenzulernen; um Teilhabe an Demokratie praktisch zu erfahren, um zugleich Ideen und Konzepte zur Stärkung, zum Schutz, zur notwendigen Wandelbarkeit etc. von Demokratie und allen mit ihr verbundenen Aspekten zu erarbeiten und von der Open Embassy aus nach außen zu tragen: „doing democracy“.
Zudem wird die Embassy ein Ort sein, an dem Menschen aus aller Welt eingeladen sind, die demokratisch verfasste Gesellschaft in Deutschland mit all ihren Herausforderungen kennenzulernen und zu kommentieren. Umgekehrt kann von hier aus der Blick ins Ausland schweifen, um dortige (anti-)demokratische Entwicklungen und Herausforderungen kritisch-konstruktiv zu betrachten und die so gewonnen Erkenntnisse wieder in die Community der Open Embassy zurückzuspielen.
Einen ganz besonderen Schwerpunkt werden dabei die transatlantischen Beziehungen spielen. Schon das Gebäude des ehemaligen American Embassy Clubs steht sinnbildlich für „Demokratisierung“: Anfang der 1950er Jahre wurde im Sinne der „Re-education“ durch die offene, leichte Architektur mit der großen, vom Rhein her frei zugänglichen Rasenanlage ein bewusster Gegensatz zur monumentalen Architektur des Dritten Reichs geschaffen. Die Geschichte des Ortes soll als Ausgangspunkt dafür dienen, das Verhältnis Deutschlands und der EU zu den USA immer wieder neu zu beleuchten, um voneinander zu lernen und gemeinsame Wege für die Zukunft der demokratischen Gesellschaften zu erkunden.
Angesichts der Nähe zu den zahlreichen in Bonn angesiedelten UN-Institutionen wird angestrebt, auch hier Verbindungen zu knüpfen und zu gemeinsamen Aktivitäten einzuladen.
Das Geschehen an der Open Embassy orientiert sich an Leitthemen
Diese Leitthemen werden jeweils für mindestens ein Jahr gesetzt. Durch die Bekanntmachung der Themen werden unterschiedliche Partner aus der Region sowie dem In- und Ausland angeregt, einen Beitrag zum jeweiligen Thema zu leisten. Die Themen sind so gefasst, dass sie relevant und aktuell sind und zur Beschäftigung aus allen Richtungen und mit verschiedenen Herangehensweisen/ Aktivitätsformen einladen.
Ein wichtiger Bestandteil in der Konzeption ist zudem die regelmäßige Einbindung von Künsten in die Programmgestaltung der Open Embassy. Künstlerische Interventionen regen zur Auseinandersetzung an und lösen Gespräche oder Widerspruch aus. Partizipative Kunst und Aktionskunst können den Diskurs zwischen den gesellschaftlichen Gruppen beleben. Vorstellbar sind z.B. Workshops von und mit Kunstschaffenden und Kreativen, die sich in verschiedenen Formaten und Aktionen mit den Herausforderungen der Demokratie und im Besonderen mit dem Thema Teilhabe beschäftigen.
Zukunftsbild
Für die künftigen Nutzer/Besucher/Akteure ist die Open Embassy ein Ort, an dem…
- …man auch auf anderen als nur der kognitiven Ebene angesprochen wird und an dem man sich wohl fühlt („öffentliches Wohnzimmer“, geschützter Raum);
- …an dem große Offenheit herrscht, die sich auch in der Architektur ausdrückt;
- …man interessante Menschen trifft, die offen für Diskurs und Austausch sind;
- ...an dem die jeweils eigene Meinung gefragt ist und gehört wird;
- …an dem man wichtige Informationen erhält;
- …an dem man sich aktiv einbringen kann: in den Diskurs, in eine Aktivität, eine Veranstaltung, ein Happening….; an dem sich Kreativität entfalten kann;
- …an dem Demokratie praktisch eingeübt wird;
- Zudem kann die Open Embassy ein Ort sein, an dem sich diejenigen Organisationen/ Initiativen in Bonn, die keinen eigenen „Ort“ haben, treffen bzw. aktiv werden.
Der besondere Ort
Der Amerikanische Club war fast 50 Jahre lang das Herz der amerikanischen Community und offener Anlaufpunkt für protokollarische und informelle Anlässe in Bonn. Erbaut wurde der Bungalow 1951 als Bestandteil der HiCoG-Siedlung Plittersdorf im Stil der „Prairie Houses“ des Mittleren Westens der Vereinigten Staaten. Mit seiner großzügigen Fläche von 2.000 m² in Souterrain und Erdgeschoss und seiner parkartigen Freifläche stand der Club für die amerikanische Lebensweise - ein Sinnbild für internationale Beziehungen und demokratische Bildung.
Nach dem Hauptstadtbeschluss aus dem Jahr 1991 und dem Umzug der amerikanischen Botschaft nach Berlin 1999 wurde der Amerikanische Club an die Vereinigte Bonner Wohnungsbau AG (Vebowag) verkauft. Für das denkmalgeschützte Gebäude gab es bisher keine tragfähigen Konzepte. Es befindet sich in einem sehr schlechten, sanierungsbedürftigen Zustand. Die Sanierungskosten werden aktuell auf ca. 8-10 Mio. Euro geschätzt.
Viele Menschen in Bonn können sich bis heute gut an die Vergangenheit des Amerikanischen Clubs erinnern, ob an Besuche ranghoher Staatspersonen wie Kennedy, an ihren ersten original amerikanischen Hamburger oder ausgelassenes Feiern. Der Amerikanische Club verkörperte in der damaligen Bundeshauptstadt während des Kalten Krieges Individualismus, Liberalität und Eigenverantwortung. Nicht zuletzt die amerikanische Absicht, in Deutschland im Sinne der „Re-Education“ demokratische Bildung zu fördern, machen den Ort zu einer Wiege von Demokratiearbeit und internationaler Freundschaft. Internationalität prägt seither den Charakter der heutigen UN-Stadt.
Bonn mit seiner bedeutsamen Historie im Kontext des Wiederaufbaus steht für die demokratische Entwicklung der jungen Bundesrepublik Deutschland, für ein vielfältiges zivilgesellschaftliches Engagement, für Kultur und Kunst. Bonn ist Sitz zahlreicher Stiftungen, Verbände und Vereine, wie z.B. die Welthungerhilfe und die Aktion Mensch e.V. Ein ideales Umfeld für die Embassy.